Deutschlandweit wurden Kitas und Schulen wegen des Coronavirus geschlossen. Unterrichtsausfälle soll es dank Homeschooling jedoch nicht geben. Das stellt Schulleitungen, Lehrkräfte und nicht zuletzt Eltern vor ganz neue Herausforderungen. Gleichzeitig kann dies als Chance für mehr digitales Lernen gesehen werden.
25.03.2020
Die Montessori Gemeinschaftsschule in Friedrichsthal (Saarland) setzt bereits seit über 2 Jahren auf E-Learning. Die Schulleiterin Dr. Anette Dragan, selbst Mutter zweier Kinder im Schulalter, teilt ihre Erfahrungen in einem Interview und gibt anderen Schulen, aber auch Eltern, Tipps und Impulse zum Thema E-Learning und Homeschooling.
Die Schulen im Saarland sind seit 16. März geschlossen und werden auch noch bis zum Ende der Osterferien am 20. April geschlossen bleiben. Wie gehen Sie damit um?
Dragan: Wir haben das natürlich schon etwas früher kommen sehen und uns im Vorfeld schulintern vorbereitet. Wir haben das Glück, dass bei uns alle Schüler ab Klasse 9 mit iPads für den Unterricht ausgestattet sind und dass wir für diese Klassen bereits seit zweieinhalb Jahren eine Lernplattform etabliert haben (Anm. d. Red.: imc Learning Suite). Das heißt, hier läuft die Kommunikation momentan über die Plattform.
Für unsere jüngeren Klassen haben wir Arbeitspakete zusammengestellt, die über das Sekretariat verschickt werden.
Wie kontrollieren Sie die Fortschritte Ihrer Schüler im Selbststudium?
Dragan: Wir als Montessori Schule haben den Vorteil, dass unser ganzes Schulkonzept auf selbstständigem Arbeiten basiert, das heißt die Schüler sind das Selbststudium gewohnt. Manche Lehrer stellen entsprechend Lösungen einfach über die Lernplattform bereit, so dass sich die Schüler komplett selbstständig kontrollieren können. Andere wiederrum sammeln die Themen, um die Lösungen im regulären Unterricht nach den Osterferien zu besprechen. Wieder andere lassen sich die bearbeiteten Aufgaben von ihren Schülern per E-Mail zuschicken, wobei das mit dem größten Aufwand – für Lehrer, aber auch Schüler und Eltern – verbunden ist.
In welcher Form und zu welchem Zweck nutzen Sie generell digitale Medien für den Unterricht?
Dragan: Neben den iPads, die wir unseren Schülern nach Unterzeichnung einer Nutzungsvereinbarung bis zum Schulabschluss zur Verfügung stellen, sind all unsere Klassenräume mit einem Apple TV ausgestattet und verfügen über eine gute Internetverbindung.
Generell versuchen wir die digitalen Medien immer dann einzusetzen, wenn es sinnvoll ist und sie den Unterricht anreichern. Das iPad mit all den verfügbaren Apps bietet so viele Möglichkeiten. Beispielsweise kann eine Chat-Funktion den Austausch der Schüler untereinander und entsprechend das Social Learning fördern.
Sie haben die Lernplattform „imc Learning Suite“ im Einsatz. Wie nutzen Sie diese?
Dragan: Aktuell dient die Lernplattform bei uns vor allem als Ablage und Strukturierungshilfe. Ich stelle all meine Lehrpläne, Unterrichtsinhalte und Arbeitsaufträge über die Lernplattform bereit. Die Schüler sehen dann auf einen Blick: Was habe ich schon bearbeitet? Was ist noch offen? Sie wissen genau, wo sie alle Inforationen finden und müssen nicht noch zig weitere Programme öffnen.
Was bei uns noch für die Zukunft offen ist, ist eine interaktive Funktion. Auf diese haben wir bei Einführung der Plattform erstmal bewusst verzichtet. Momentan ist es noch nicht möglich, dass die Schüler uns bearbeitete Übungsblätter über die Plattform wieder zurückschicken.
Wie sind Sie bei der Einführung vorgegangen? Gab es Guidelines und Trainings für Schüler und Lehrer?
Dragan: Wir hatten eine extra Arbeitsgruppe für die Einführung der Plattform ernannt, die sich regelmäßig getroffen und unsere Wünsche umgesetzt hat. Diese Gruppe hat auch die schulinternen Fortbildungen zur Bedienung des Back-Ends für die Kollegschaft geplant und realisiert.
Die Bedienung des Front-Ends ist für unsere Schüler eigentlich selbsterklärend. Die junge Generation ist mittlerweile, was die Bedienung digitaler Arbeitswerkzeuge angeht, wirklich fit.
Welches Feedback haben Sie von Schülern und Lehrern erhalten? War von Beginn an eine Akzeptanz für E-Learning vorhanden?
Dragan: Das war sehr gemischt. Die Schüler fanden die Plattform von Anfang an super. Für die Lehrer war es zum Teil eine Umstellung und sie brauchten Unterstützungsarbeit. Man muss beispielsweise mehr klicken, um einen Lerninhalt im System hochzuladen, statt ihn einfach auf OneDrive zur Verfügung zu stellen. Das ist erstmal etwas mehr Aufwand. Aber die Schüler haben am Ende ein wesentlich schöneres Ergebnis!
Welche zwei bis drei Tipps haben Sie für andere Schulen zum Thema E-Learning?
Dragan: Zunächst einmal finde ich es sehr wichtig, es einheitlich zu machen. Einigt man sich auf eine Lernplattform, so sollten auch alle Lehrer diese nutzen und nicht stattdessen doch noch über OneDrive oder E-Mail ihre Materialien bereitstellen. Bei uns ist die Plattform beispielsweise ab der Klasse 9 der einzige, zentrale Zugang zu allen Lehrplänen und Lerninhalten. So wissen unsere Schüler jederzeit, wo sie alle Unterlagen finden und müssen nicht erst verschiedene Systeme durchforsten.
Zudem finde ich es wichtig, dass das System auf die Schule zugeschnitten und an die verschiedenen Altersgruppen angepasst ist.
Nicht zuletzt sollten die Schulen sich fragen: Wie lösen wir das mit den Endgeräten? Also nicht nur die Software muss zur Verfügung gestellt werden, sondern es muss auch auf Chancengleichheit und gleiche Voraussetzungen mit Blick auf die Hardware geachtet werden.
Wie lautet Ihr Appell an die Politik? Wo wünschen Sie sich konkret Unterstützung?
Dragan: Generell wünsche ich mir, mehr Geld in die Bildung zu investieren. Die Bildung ist der Grundstein für unsere Gesellschaft. Da sollte man nicht sparen. Zudem wünsche ich mir mehr Autonomie für die Schulen selbst.
Vielen Dank für das Interview!
Anmerkung. Die imc stellt Schulen, Hochschulen und Bildungseinrichtungen in Zeiten der Corona-Krise ihre im Interview angesprochene Lernplattform „imc Learning Suite“ kostenlos zur Verfügung. Weitere Informationen zum Thema sowie den Link zur Anforderung finden Sie hier.