KI-gestützte Trainings für Kommunikation in Unternehmen
Festo: Gesprächssituationen effizient und effektiv mit KI trainieren
Festo wurde 1925 in Esslingen am Neckar gegründet und liefert pneumatische und elektrische Automatisierungstechnik und technische Bildungslösungen für rund 300.000 Kunden. Als Impulsgeber in der Automatisierung hat sich das Familienunternehmen außerdem zum weltweit führenden Anbieter in der technischen Aus- und Weiterbildung entwickelt
Festo beschäftigt rund 20.500 Mitarbeitende weltweit, hat Gesellschaften in rund 60 Ländern und über 250 Niederlassungen. Über sieben Prozent des Umsatzes werden jährlich in Forschung und Entwicklung investiert.
Kommunikationstrainings sinnvoll skalieren
In großen Unternehmen wie Festo ist es strukturell eine Herausforderung, praktische Lernmethoden zur Verbesserung der Kommunikationskompetenzen für Führungskräfte und Mitarbeitende unternehmensweit anzubieten. Klassischerweise werden solche Methoden häufig in Form von Seminaren mit Rollenspielen durchgeführt. Diese stoßen jedoch an ihre Grenzen, wenn es um die Umsetzung in großem Maßstab geht oder sehr individuelle Themen und Übungsmöglichkeiten im Vordergrund stehen, zum Beispiel wenn Führungskräfte sich auf konkrete Gesprächssituationen, wie schwierige Mitarbeitergespräche, vorbereiten möchten. Zudem hängt der Erfolg dieser Lernmethoden oft von der Empathie und schauspielerischen Begabung des Sparringspartners ab.
“Wir wünschten uns eine Möglichkeit oder ein Tool, mit dem Führungskräfte für sie herausfordernde Gespräche simulieren können, und zwar orts- und zeitunabhängig”, erzählt Corinna Jaron-Theiler, Referentin im Bereich Organisational Development bei Festo. “Idealerweise sollte die Person auch noch Feedback zu ihrem Verhalten bekommen.“
Neben der Skalierbarkeit spielte das Thema Internationalisierung eine Rolle: Es war kaum möglich, einheitliche praxisorientierte Trainingsmöglichkeiten für Führungskräfte weltweit anzubieten.
Manuel Schmidt, Learning Innovation bei Festo, war es besonders wichtig, einen geschützten Raum für die Kommunikationstrainings bereitzustellen. “Vergleichbar einem Dojo im Karate oder einem Sparring beim Boxen, wodurch man üben und sich verbessern kann”, erklärt er.
Ein geschützter Raum, um die eigene Kommunikation zu verbessern
Die wachsenden Möglichkeiten im Bereich Künstliche Intelligenz sah Festo als Chance für diese Herausforderung. Manuel Schmidt simulierte verschiedene Personas und Situationen mit einer Custom-GPT-Lösung aus. Die ersten Ergebnisse waren als Proof of Concept nicht schlecht, doch Festo wünschte sich eine professionellere Lösung, die Insbesondere die Anwendbarkeit für die Lernenden intuitiver gestalten sollte.
Anknüpfend an die bereits über zwanzigjährige Zusammenarbeit wandte sich das Unternehmen an imc, um gemeinsam ein Tool zu entwickeln. Die interne KI-Kompetenz bei Festo ist sehr hoch. Allerdings sind die Entwickler und Entwicklerinnen auch entsprechend stark ausgelastet. Daher kontaktierte das Team von People Development and Learning explizit einen Partner mit umfassender Lern-Expertise.
Neben den Abteilungen Organisational Development und People Development & Learning waren IT-Departments, Datenschutz und der Betriebsrat von Anfang an involviert, um Datensicherheit zu gewährleisten.
“Wir haben uns schnell und agil zusammengesetzt, unsere Idee skizziert und unseren vorher genutzten Prompt geteilt”, erinnert sich Manuel Schmidt an die Zusammenarbeit. “Beim nächsten Treffen hatte imc bereits einen Click Dummy erstellt, den wir intern testen konnten.”
Im Rahmen eines KI-Fokusmonats mit verschiedenen Schwerpunkten wurde in einem Workshop mit rund 25 Teilnehmenden die Testversion gezeigt und ausprobiert. “Die Resonanz war sehr positiv, sodass uns klar wurde: Es lohnt sich, mit dem Projekt weiterzumachen”, berichtet Corinna Jaron-Theiler.
Aus der Zusammenarbeit entstand DialogueGPT, ein KI-basiertes Tool für Gesprächssimulationen, mit dem sich unterschiedliche Gesprächsszenarien trainieren lassen, die Führungskräften begegnen: Leistungsbeurteilungen, kritische Feedbackgespräche, Gehaltsverhandlungen und Entwicklungsgespräche zum Beispiel. Nutzende können bereits angelegte Charaktere als Gegenüber auswählen oder selbst neue Personas anhand von Persönlichkeitsmerkmalen erstellen. Nach dem Gespräch, das in der ersten Version via Chat verläuft, erhalten sie Feedback.
“Eine Herausforderung in den Trainingsgesprächen mit der KI ist die Balance”, erklärt Corinna Jaron-Theiler. “Wir brauchen authentische Reaktionen der Charaktere, die in schwierigen Situationen nicht sofort nachgeben, andererseits aber auch nicht nur mauern. Es muss möglich sein, eine konstruktive Lösung zu finden. Das ist gut gelungen.”
Lernen neu denken – skalierbar und international
Das Feedback im ersten Test fiel sehr positiv aus. Besonders gefielen den Führungskräften in der Workshop-Gruppe der einfache Einstieg, ohne selbst prompten zu müssen, und die Möglichkeit zu individuellen Anpassungen bei den Charakteren und Situationen.
Im ersten Schritt erhält nun die Pilotgruppe der Führungskräfte Zugang zu DialogueGPT, parallel dazu wird bereits am Roll-out für alle Mitarbeitenden gearbeitet. Auch für sie ist es wichtig, ihr Kommunikationsverhalten zu verbessern. Neben den aktuell verfügbaren Gesprächssituationen sehen Schmidt und Jaron-Theiler viel Potenzial für andere Trainingsbereiche, zum Beispiel für Vertriebstrainings und Schulungen der Service-Hotline.
Eine wichtige Rolle spielt dabei der geplante Sprachinput und -output. “Das wird noch einmal für eine ganz andere Immersion sorgen und ein Gamechanger für das Lernerlebnis sein”, betont Manuel Schmidt.
Corinna Jaron-Theiler freut sich besonders über die Internationalisierungsmöglichkeiten: “Über die einfache Sprachänderung können wir das Tool weltweit allen Führungskräften anbieten.”
Durch den Einsatz von DialogueGPT erhofft Festo sich langfristig eine Verbesserung des Kommunikationsverhaltens im gesamten Unternehmen. Und auch für die Lernkultur insgesamt gibt es durch das Tool interessante Perspektiven, wie Manuel Schmidt erklärt: “Es ermöglicht uns, Lernen anders zu denken. Wir könnten herkömmliche Erfolgskontrollen über Multiple-Choice-Fragen durch dynamische Formate ersetzen. Am Ende eines Lernpfades zu Social Skills könnte ein Kommunikations-Szenario zu absolvieren sein, das Mitarbeitende mit einer bestimmten Punktzahl bestehen können. Das ist viel aktiver, als einfach einen Test durchzuklicken.”
Corinna Jaron-Theiler betont, dass das Thema KI durch DialogueGPT für die Anwendenden einfacher und besser zugänglich wird. Auch ohne Vorwissen können sie loslegen und ausprobieren. Dadurch steigt nicht nur die Kommunikationsfähigkeit, sondern auch die KI-Kompetenz.
Manuel Schmidt findet viele lobende Worte für die Zusammenarbeit mit imc: “Ich fand es toll, wie offen imc für unsere Idee war und wie einfach und unkompliziert die Kooperation abgelaufen ist. Solche Formen der Zusammenarbeit sollte es noch viel öfter geben: imc konnte eine Lösung für einen konkreten Kundennutzen entwickeln, von der später auch andere Unternehmen profitieren können. Und wir waren direkt an der innovativen Entwicklung beteiligt und konnten sie so früh wie möglich nutzen.”
Umgekehrt war das Feedback aus der Praxis für imc sehr hilfreich im Prozess. Julian Kappich, Head of Content Products and Innovation bei imc, erklärt: “Durch die enge Zusammenarbeit konnten wir sicherstellen, dass das Tool den Anforderungen von Festo komplett gerecht wird. Sowohl organisatorisch, wenn es um IT-Sicherheit, Feedback des Betriebsrats oder die Integration in die bestehende L&D-Landschaft geht, als auch inhaltlich und funktional.” Außerdem erhielt imc früh Rückmeldung von den Nutzenden darüber, welche Funktionen und Szenarien besonders hilfreich sind, was weniger genutzt wird und ob die Usability funktioniert.
Für beide Seiten war das Projekt also ein voller Erfolg. “Durch diese Lösung können wir wirklich jeder Person im Unternehmen eine hochqualitative Simulation von Gesprächen bieten”, fasst Manuel Schmidt zusammen.