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Trotz ‚Schalk im Nacken‘ von der eigenen Garagenfirma zum Geschäftsführer

Trotz ‚Schalk im Nacken‘ von der eigenen Garagenfirma zum Geschäftsführer

Nein, kein Hollywood Drehbuch für eine neue Vince Vaughn Komödie, sondern die Geschichte eines Managing Directors der imc Österreich. Er verrät, was seine wichtigste Aufgabe ist und was work-life Balance heute für ihn bedeutet.

‚Den Schalk im Nacken haben‘. Eine wunderschöne Redewendung, oder? Daran musste ich spontan denken, als ich das erste Mal mit Oliver Nussbaum gesprochen habe. Wenn dieser Ausspruch je auf einen Menschen zugetroffen hat, dann auf ihn. Sie werden noch verstehen wieso.

 

Olli ist Geschäftsführer, oder auch „Managing Director” der imc Österreich. Schon während seines abgebrochenen Studiums in den späten 1990ern und zu einer Zeit, als der Begriff E-Learning noch niemandem geläufig war, hat er eine E-Learning Firma gegründet. Als diese 2008 von der imc AG aufgekauft wurde, blieb er dem Unternehmen erhalten und übernahm 2012 die Geschäftsleitung der imc Österreich, die er sich mittlerweile mit seinem Kollegen Marc Müller aufteilt.

 

Im Interview erzählt er, wie sich sein Verständnis von work-life Balance und beruflichem Erfolg im Laufe der Jahre geändert hat, was er als seine wichtigste Aufgabe ansieht und was ihn richtig auf die Palme bringen kann.

Oliver Nussbaum, imc AG

Oliver Nussbaum

Job | Geschäftsführer imc Österreich

Arbeitet in | Graz, Österreich

Bei imc seit | 2008

Superkraft | Begeisterungsfähigkeit

Lieblingsessen | Piccata Milanese

 

Job Slot job Arbeitsalltag

Hi Olli, danke für deine Zeit! Geschäftsführer oder Managing Director, was kann ich mir darunter in einem Satz vorstellen?

Ein Satz? Ok: Ich weiß von allem etwas, aber nichts in der Tiefe.

Respekt, das war kurz und knapp! Und was bedeutet das konkret?

Meine Aufgabe ist es dafür zu sorgen, dass der Laden läuft. Ich bin im Grunde dafür verantwortlich, dass unsere Mitarbeitenden einen Arbeitsplatz vorfinden, der nicht nur alles bietet, was sie brauchen, sondern dafür sorgt, dass sie zufrieden sind und gerne zur Arbeit kommen.

Ich räume den Mitarbeitenden möglichst alle Steine aus dem Weg, damit sie sich auf ihre Arbeit konzentrieren können. Denn Menschen suchen Jobs, die ihnen vier Kriterien ermöglichen: ein gutes Arbeitsklima, interessante Aufgaben, flexible Arbeitszeiten und angemessene Bezahlung.

Das hat sich in den letzten Jahren gedreht und heute ist den Menschen Geld nicht mehr so wichtig. Natürlich muss die Bezahlung stimmen, aber wenn es kein gutes Arbeitsklima, keine Flexibilität und nur eintönige Aufgaben gibt, bleibt heute kaum noch jemand.

Stichwort Flexibilität, wir haben bei imc ein flexibles Arbeitszeitmodell eingeführt, dass besagt: „100 % flexibel, aber nicht 100 % remote.“ Wie setzt ihr das in Österreich um?

Wir sind insgesamt 27 Personen und die meisten sind mindestens 1-2-mal in der Woche im Büro. Montags halten wir alle nötigen Team-Meetings ab, da sind alle vor Ort. Die restlichen 4 Tage sind flexibel, manche kommen fast täglich ins Büro, andere wirklich nur montags.

 

Nach Corona weiterhin flexibel zu bleiben war für uns keine Frage, zumal die Produktivität, als alle ins Homeoffice mussten, sogar um fast 30 % gestiegen ist. Ich achte darauf, dass möglichst keine Überstunden entstehen, und mein Ziel ist es, die Fluktuation quasi bei null zu halten. Denn eine Person, die seit 5, 10 oder auch 15 Jahren im Unternehmen ist, hat einen so großen Wissensschatz, das ist fast nicht zu ersetzen. Deshalb möchte ich erreichen, dass unsere Mitarbeitenden, egal wie lange sie dabei sind, sagen: Ich arbeite gerne hier!

team working together

Klingt, als ginge es bei euch sehr entspannt zu. Da könnte mancher Traditionalist auf die Idee kommen, ihr arbeitet nichts…

Auf die Idee kann man eigentlich nicht kommen, wenn man den Output sieht. Aber ich schenke meinen Mitarbeitenden sehr viel Vertrauen und stelle den Menschen in den Mittelpunkt.

Bei aller Flexibilität setze ich jedoch voraus, dass die Unternehmensziele gewahrt werden. Dabei erwarte ich absolute Ehrlichkeit, Teamgeist und die Bereitschaft Verantwortung zu übernehmen. Wir verstehen uns als Team und wenn ein Glied in dieser Kette die anderen belastet, ziehe ich eher früher als später die Reißleine.

Wer dem Kollektiv schadet, keine Verantwortung für seine Arbeit übernimmt oder eigene Aufgaben bei anderen ablädt, hat bei uns keine Zukunft. Das kommuniziere ich auch von Anfang an sehr klar, damit alle wissen, woran sie sind.

Was genau meinst du mit dem Begriff Ehrlichkeit?

Ehrlichkeit ist mir wirklich ein Anliegen. Ich selbst bin mir und anderen gegenüber immer absolut ehrlich. Ich vertrete auch gelegentlich Meinungen, die alles andere als populär sind. Das gefällt nicht immer jedem. Ich habe aber kein Problem damit, wenn jemand mir umgekehrt unverblümt die Meinung sagt. Das muss ich als Geschäftsführer auch aushalten, das ist Teil des Jobs und besser jemand lässt seinen Frust an mir aus als an meinem Team.

Wir haben sehr flache Hierarchien, die offene Tür ist bei uns nicht nur ein Modewort, sondern jeder weiß, dass er egal womit immer zu mir kommen kann. Und das tun die Leute auch.

 

Ehrlichkeit, um auf die eigentliche Frage zurückzukommen, beginnt aber schon bei der Einstellung neuer Mitarbeitenden. Ich kommuniziere auch die erwähnten flachen Hierarchien von Anfang an sehr deutlich, um keine falschen Vorstellungen beispielsweise hinsichtlich Beförderungsmöglichkeiten aufkommen zu lassen. Da sind wir auf Grund unserer Struktur nun mal limitiert. Wo es aber nie ein Limit gibt, sind die stetigen neuen und spannenden Kundenprojekte oder auch neue Produkte, wie das Autorentool imc Express, das wir in Österreich entwickelt haben.

 

Auch unseren Kunden gegenüber erwarte ich Offenheit und Ehrlichkeit, aber auch einen Umgang auf Augenhöhe. Ich kann nichts versprechen oder verkaufen, was unsere Kunden nicht brauchen können. So einfach ist das.

Jobslot Beruf

Kommen wir zu ein paar Fragen zu dir und deiner Karriere. Wie sah deine Ausbildung, dein beruflicher Werdegang aus?

Nach der Matura – für Deutsche: dem Abitur – habe ich Betriebswirtschaft studiert und das nach einigen Jahren sehr erfolgreich abgebrochen. Trotzdem habe ich aus dieser Zeit sehr viel mitgenommen. Zum Beispiel war ich für ein Auslandssemester in den USA in Colorado, wo ich mich mit Computerdesign beschäftigt habe. Das war Mitte der 1990er, also zu einer Zeit, als man Computer in Europa noch vergeblich gesucht hat.

 

Dort habe ich viel über Grafikdesign gelernt und mich mit Intermediate und Small Film Produktionen beschäftigt. Das hat mich auf die Idee gebracht, selbst Lernvideos zu erstellen und so habe ich mit meinem damaligen Partner ein E-Learning Unternehmen gegründet. Der Begriff E-Learning war damals im deutschsprachigen Raum allerdings noch nicht etabliert und kein Mensch hat verstanden, was wir da machen wollen. Das war eine total aufregende und lustige Zeit. Wir hatten so eine richtige Garagenfirma mit einem Raum direkt über dem Mitarbeitershop der Siemens Niederlassung. Man konnte also im selben Gebäude Waschmaschinen und Computer based Trainings kaufen.

 

Als diese Firma immer größer wurde, habe ich verschiedene Aufgaben übernommen und war zum Beispiel für den Vertrieb zuständig.  Da hat das Studium irgendwann nicht mehr reingepasst, sodass ich das gelassen und mich voll auf die Firma fokussiert habe. Wir hatten dann irgendwann 25 Mitarbeitende im DACH Raum und haben schließlich 2008 an die imc verkauft. Für mich persönlich war das ein großer Wendepunkt. Ich war nun nicht mehr Unternehmer, sondern Angestellter – obwohl ich heute mehr denn je wie ein Unternehmer denke.

Job Slot imc, Startup

Welche Eigenschaften sollte deiner Meinung nach ein Geschäftsführer mitbringen?

Man braucht vor allem soziale Kompetenz, ein Gespür und Verständnis für andere Personen. Aber auch den Blick fürs Wesentliche. Auf keinen Fall sollte man sich im Mikromanagement verzetteln, sondern Dinge delegieren. Ein guter Geschäftsführer muss ohne Angst in der Lage sein, Menschen einzustellen, die Dinge besser können als er selbst. Das finde ich absolut zentral.

 

Es braucht aber auch Erfahrung in dem Business und dem Umfeld, man braucht einen breiten Horizont und sollte von allem ein bisschen Ahnung haben. Eben genug, um einschätzen zu können, wie wichtig oder dringend Themen sind, wie der Markt und die Kunden ticken.

 

Zusammenfassend sind es drei Dinge, dich ich maßgeblich finde: Das erste ist soziale Kompetenz, was die Fähigkeit beinhaltet, die richtigen Leute einzustellen. Das zweite ist ein gutes Delegationsverhalten und drittens einen guten Gesamtüberblick zu haben und dabei den Fokus nicht zu verlieren.

Was bedeutet beruflicher Erfolg für dich?

Das hat sich im Laufe der Zeit immer wieder geändert. Beruflicher Erfolg hatte und hat in unterschiedlichen Lebensphasen eine andere Bedeutung für mich. Anfangs wollte ich immer mehr: mehr Kunden, mehr Umsatz, mehr Mitarbeitende. Ich wollte die Firma auf der großen Bühne sehen. Dazu hat der Verkauf an die imc perfekt gepasst.

 

Heute bedeutet Erfolg aus meiner Sicht vor allem eins, nämlich zufriedene Mitarbeitende und glückliche Kunden. Ich muss nicht mehr im Mittelpunkt stehen, sondern überlasse die Lorbeeren gerne anderen. Statussymbole oder finanzielle Aspekte sind für mich persönlich etwas in den Hintergrund gerückt. Work-life Balance ist ja so ein Schlagwort und ich bin jetzt etwas mehr auf der Seite ‚life‘. Früher war ich fast ausschließlich bei ‚work‘, aber ich bin entspannter geworden und arbeite am 24.12. schon seit einigen Jahren nicht mehr ;-).

 

Ich glaube Erfolg bedeutet auch, nicht alles persönlich zu nehmen, sondern eine gewisse Abgeklärtheit zu entwickeln, ohne abzustumpfen. Sich Pausen zu nehmen, immer zu versuchen das Positive zu sehen und vieles mit einem Lächeln zu nehmen. Der Dalai Lama hat sinngemäß gesagt: “Ich liebe es, wenn Menschen lachen, denn dabei entstehen neue Ideen.”

Mein Ziel ist es, mein restliches Arbeitsleben so zu verbringen, dass ich zwar in Pension gehen könnte, aber es gar nicht muss, weil mir meine Arbeit einfach Freude macht.

Jobslot Über mich

Von Freud zu Leid: Womit kann man dich so richtig auf die Palme bringen?

Bewusste Inkompetenz ist mir zuwider. Wir haben vorhin schon das Thema Verantwortung angerissen. Was mich wirklich wahnsinnig macht und was ich als inkompetent erachte sind Leute, die absichtlich mit Scheuklappen an Dinge herangehen. Die nicht nach rechts oder links schauen und sagen: „das war nicht mein Auftrag,“ oder auch: „das stand aber so nicht im Fachkonzept“, die sollten ihre Einstellung überdenken.

Wenn du für ein Projekt zuständig bist, dann übernimm auch Verantwortung und sorge dafür, dass es läuft.  Natürlich kann und soll man sich Unterstützung oder Fachexpertise dazu holen, aber die Verantwortung liegt bei einem selbst. Und die kann man nicht abschieben.

 

Was mich sonst noch sehr stört sind grundlose Anschuldigungen. Ich habe wie gesagt kein Problem damit, wenn mir jemand klipp und klar seine Meinung sagt, aber dann muss es auch Hand und Fuß haben. Ich bringe die Leute aber ehrlicherweise auch hin und wieder auf die Palme. Zum Beispiel damit, dass ich zu Besprechungen unpünktlich bin oder zu viel rede. Also weiter im Text.

Hättest du zum Abschluss noch eine lustige Anekdote, die dir aus deiner imc-Zeit einfällt?

Oh, da gibt es einige! Es gab zum Beispiel mal eine Kundin, die wir gebeten hatten, einen Screenshot von einer Fehlermeldung zu schicken, weil wir das Problem nicht nachvollziehen konnten. Die Dame hat dann extrem kompliziert ein Bild eines Screenshots in den Editor gepackt, das wiederum abfotografiert und uns das Foto geschickt. Und auf dem Foto war an der Wand hinter dem PC das Bild eines nackten Mannes zu sehen. Das hat bei uns natürlich für einige Lacher gesorgt.

Die anderen Geschichten, die ich noch auf Lager hätte, erzähle ich aber lieber mal bei einem Bier und off-the records…

 

 

Vielleicht besser so. Herzlichen Dank für dieses spannende, aber auch sehr amüsante Interview, Olli!

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