[E-Learning Punk] Digital Fastfood
E-Learning Punk

Von der digitalen Weiterbildungsrebellion zum Digital Fastfood

Warum Schnelllebigkeit ganz schnell auch ganz schön teuer werden kann

„Du bist, was du isst.“ „Wer sich sonst ausgewogen ernährt, darf sich auch mal Fastfood gönnen.“ „Nichts geht über das schnelle Essen“ – unterschiedliche Ernährungsformen spalten unsere Gesellschaft in Lager und werden im Web, Social Media und Fernsehen auf und ab diskutiert. Ebenso die digitale Transformation. Die Corona-Krise gilt als Digitalisierungstreiber. Unternehmen werden per Schleudersitz in die digitale Zukunft befördert – digitales Fastfood steht sozusagen auf dem Speiseplan. Das gilt natürlich auch für die Personalentwicklung. Vom Seminarraum geht es allerorts ins virtuelle Klassenzimmer. Doch was von den aktuellen Bemühungen zur Digitalisierung der Weiterbildung ist wirklich nachhaltig? Darum ging es in der Online Podiumsdiskussion „Digital Fastfood: Erfolgreiche Digitalisierung des Lernens jetzt verspielen?!“

Im Podium: Vier Lern-Gourmets und Digitalisierungs-Gourmands

Moderiert wurde die Diskussion von der Unternehmerin, Autorin und Speakerin Tijen Onaran. Sie versammelte Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft im virtuellen Podium und fragte diese: „Wie kann ich meine Weiterbildung richtig digitalisieren?“ Wir möchten euch die Experten gerne genauer vorstellen:

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Sven R. Becker

Vorstand imc AG, E-Learning Experte

Sein Statement:
„Schnelle, günstige Digitalisierung führt zu Verfettung (Digital Overload) ohne Nachhaltigkeit.“

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Bianca Bauer

Employee Communications Lead Microsoft Germany

Ihr Statement:

„Home-Office allein macht noch keine digitale Transformation und Online-Videos allein erst recht keine Lernkultur.“

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Prof. Dr. Dieter Wallach

Managing Director & Founder Ergosign GmbH, Hochschule Kaiserslautern, UX-Pionier

Sein Statement:

„Statt digitalem Weiterbildungs-Eintopf: Mit User Experience Design und Instruktionspsychologie zu positiven Lernerfahrungen!“

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Marios Karapanos

Universität Leipzig, Institut für Bildungswissenschaften, Fokus computergestütztes Lernen

Sein Statement:

„Wer sonst auf eine ausgewogene Lernkost achtet, kann auch gelegentlich zu digitalem Fastfood greifen."

INHALT

Die Diskussion: Echte Learnings & handfeste Tipps

In knapp 45 Minuten teilten die Experten ihre Erfahrungen und Meinungen mit den Zuschauern. Worin sich alle einig waren: Ob nun Fast(food) hin oder her, der Output muss nachhaltig sein. Schließlich lernen wir nicht des Lernens willen, sondern weil wir etwas erreichen möchten. „Lernen ist kein Selbstzweck“, bringt Sven R. Becker auf den Punkt. Nun stellt sich natürlich die Frage, wie man eine nachhaltige Lernkultur schafft. Bianca Bauer teilt hier positive Erfahrungen, die Microsoft mit Role Models gemacht hat. Role Models können helfen, Lernen in die Unternehmens-DNA zu verankern, indem sie als gutes Beispiel vorangehen. Letztlich hat Lernen nämlich auch sehr viel mit Selbstvertrauen zu tun. Zur Frage nach möglichen Generationsunterschieden betont Marios Karapanos, dass es nicht auf das Alter ankommt, sondern das bisher gemachte Erfahrungen zählen und das die Königsdisziplin darin besteht, passgenaue Angebote zu bieten. Nicht jeder ist es gewohnt, selbstorganisiert an seiner persönlichen Entwicklung zu arbeiten. Manche Mitarbeiter benötigen Führung und Struktur – auch beim Lernen. Dieter Wallach fordert Unternehmen auf, Lernbarrieren abzubauen. Er ist davon überzeugt, dass gerade UX Design dabei helfen kann, Selbstwirksamkeit zu vermitteln. Und als selbstwirksam wollen wir uns doch alle erleben, wobei wir wieder dabei wären, dass wir nicht des Lernens willen lernen, sondern weil wir etwas erreichen möchten.
Die gesamte Diskussion könnt ihr euch hier in voller Länge nochmal anschauen:
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FAQ

Rede und Antwort: Antworten auf die offen gebliebenen Publikumsfragen

Es wurde lebhaft diskutiert. Am Ende vergingen die 45 Minuten wirklich wie im Flug, so dass nicht alle Fragen aus dem Publikum beantwortet werden konnten. Diese möchten wir an dieser Stelle aufgreifen. Wir haben dafür unsere Experten nochmals gebeten uns Rede und Antwort zu stehen. Hier die Ergebnisse:

Social Learning

Ist Social Learning bzw. Social Collaboration mit Tools wie Microsoft Teams das "neue" informelle Lernen?

 

Becker: Hier lässt sich sagen: Eine gute Kamera macht noch keinen guten Fotografen. So erfordert strukturiertes Social Learning sicherlich auch noch mehr als nur den Einsatz von Microsoft Teams. Dennoch ist mit dem Bereitstellen eines guten Tools für Social Learning bereits der erste, wichtige Schritt in die richtige Richtung gemacht. Nun liegt es an den Weiterbildungsverantwortlichen, sich mit den Konzepten dahinter zu beschäftigen.

Lehrkräfte-Fortbildung

Wie sollte eine Lehrkräfte-Fortbildung ausgestaltet werden, um die Chancen der digitalen Bildung bestmöglich zu nutzen?

 

Becker: Es gibt bereits sehr viele gute Angebote für die Lehrerfortbildung. Das Kuratieren dieser Inhalte und die Strukturierung entlang sinnvoller Lehrpläne muss nun im Fokus stehen. Dies sollte zentral erfolgen und auch finanziert werden. Zudem müssen wir langfristig bereits einen Schritt früher ansetzen, nämlich bei der Ausbildung. Digitale Lehr- und Lernkonzepte sollten bereits im Studium Berücksichtigung finden.

Netflix like Learning

Sollte Weiterbildung nicht vielleicht à la Netflix aufgebaut werden? So könnte man Mitarbeiter animieren sich ständig weiterzubilden und zu lernen.

 

Becker: „Netflix like Learning“ ist seit einigen Jahren verwendetes Synonym für die notwendige Veränderung der Learning Experience. Wir dürfen aber Konsum von Unterhaltung nicht mit Lernen gleichsetzen. Vor allem Seit-Effekte von Netflix wie das Binge Watch, auch Komaglotzen genannt, sind nicht immer zielführend fürs Lernen. Wir können von Netflix lernen, wie man Anreizmodelle bildet. Wir müssen aber auch sehen, dass erhöhter Konsum nicht zwingend mit mehr Learning Outcome einhergeht. Im Gegenteil: Wir müssen das richtige in einer sinnvoll dosierten Menge Lernen.

Wissen bei Ergosign

Wie wird Wissen bei Ergosign intern weitergegeben?

 

Wallach: Ergosign nutzt verschiedene, aufeinander abgestimmte Kanäle zur Wissensvermittlung. Die Vielfalt ermöglicht es, Faktoren wie beispielsweise das individuelle Erfahrungslevel der Lernenden, angemessen zu berücksichtigen. Zum Einsatz kommen beispielsweise Workshop-Formate, an alle Standorte live gestreamte Lunch & Learn Vorträge oder auch praxisorientierte, ein- bis zweitägige Kick-Starter, die von internen ebenso wie externen Fachexperten durchgeführt werden und in Grundlagen und fortgeschrittene UX-Design und -Development-Themen einführen. Ein umfassender und fortlaufender Ergosign-Guide liefert Antworten auf (fast) alle Fragen zu Strukturen und Prozessen im Unternehmen. Schließlich erleichtern persönlich zugeordnete Onboarding-Buddies den Einstieg bei Ergosign. Und nicht zuletzt bietet das Gespräch an der Kaffeemaschine oft und gerne genutzte Möglichkeiten zur schnellen Klärung zeitkritischer Fragen.

Differenzierung

Wie kann ich Menschen mit verschiedenen kognitiven Voraussetzungen abholen, so dass es für die Personen mit guten Voraussetzungen nicht langweilig wird?

 

Karapanos: Das gelingt durch Differenzierung. Zwei mögliche Herangehensweisen sind die Aufteilung der Lerngruppe in leistungshomogene Teilgruppen und die Binnendifferenzierung. Der Schulunterricht nach Jahrgangsklassen oder die Aufteilung von Schulkindern nach der Grundschule auf Gymnasium, Real- und Hauptschule folgt der Idee, leistungshomogene Teilgruppen zu bilden. Wie die Bespiele zeigen, ist homogen ein relativer Begriff, weil es auch innerhalb einer Gymnasialklasse durchaus bessere und schlechtere Schüler gibt. Bei der Binnendifferenzierung versucht man, solche Unterschiede innerhalb einer Lerngruppe durch entsprechend nach Schwierigkeit oder Aufgabenumfang differenzierte Lernangebote aufzufangen. Beides bedeutet für die Lehrperson einen Mehraufwand. Seit Jahrzehnten hofft man, diesen Mehraufwand an intelligente adaptive Lernsysteme, die den Lernpfad automatisch an das Leistungspotential des Lerners anpassen, „outsourcen“ zu können. Dies gelingt bisher aber nur sehr eingeschränkt.

UX-Revolution

Beim Umgang mit Zoom und GoToWebinar fehlen mir Einstellungsmöglichkeiten, z.B. persönliche Interface-Setups. Conferencing-Tools sind häufig in Verwendung, obwohl viele Möglichkeiten der Interaktion fehlen. Müssen wir hier auf eine UX-Revolution für die Nutzung mit Kolleginnen hoffen?

 

Karapanos: Es ist davon auszugehen, dass wir hier keine revolutionäre, sondern eine evolutionäre Entwicklung sehen werden, bei der UX allerdings eine wichtige Rolle spielt. Das grundlegende Leistungsangebot ist bei allen Videokonferenz-Tools vergleichbar. Keiner kann wirklich mehr als der Wettbewerber. In pragmatischer Hinsicht befinden sich die Anbieter also in einer Art Qualitätspatt. Um sich von Wettbewerbern abzuheben, bleibt neben Preis und Service vor allem die hedonische Qualität der Produktnutzung, also die Adressierung von Bedürfnissen.

Wir hoffen, wir konnten alle Fragen ausreichend beantworten. Unter dem Hashtag #DigitalFastfood findet ihr weitere Insights, Statements und Zusammenfassungen der Podiums-Diskussion von der Community. Wir arbeiten bereits an einer Fortsetzung. Lasst euch überraschen.

Ansprechpartner

Seit 2014 bin ich Teil des Marketing & Communication-Teams bei der imc. Mein Herz schlägt für kreative Kampagnen, spannenden Content und digitale Innovationen. Mein Ziel ist es, das Thema Digitalisierung erlebbar zu machen – verständlich und einfach auf den Punkt. Meine Leidenschaften neben dem Beruf sind gute Bücher und Sport.

 

Über Feedback zur Reihe freue ich mich jederzeit an [email protected].

Photo of Vanessa Klein
Vanessa Klaes
Senior Manager Brand Communication