Unbewusste Vorurteile abbauen und Diversität im Unternehmen schätzen
Tipps zum Umgang mit unbewusster Voreingenommenheit: Ein Interview mit Vanessah Aurore Reck
Das tückische an unbewusster Voreingenommenheit, sogenannten Unconscious Bias ist, dass wir uns nicht im Klaren darüber sind, dass stereotypes Denken zu unserem menschlichen Verhalten dazu gehört. Aber wir alle haben stereotype Vorstellungen und auch Vorurteile. Je bewusster uns das wird und je mehr wir darüber reflektieren, desto besser können wir damit umgehen. Deshalb haben wir zum Internationalen Diversity Tag Vanessah Aurore Reck eingeladen. Sie gibt unseren Mitarbeiter*innen eine Impulse Session zum Thema „Unconscious Bias“. Ich konnte schon vorab mit ihr darüber und auch über „Diversity and Inclusion“ im Allgemeinen sprechen.
INFO
Vanessah Aurore Reck unterrichtet interkulturelles Management an der Universität des Saarlandes in Saarbrücken. Gerade schreibt sie ihre Dissertation über „Integration“. Dazu hat sie eine thematische und persönliche Verbindung.
Vanessah ist in Madagaskar aufgewachsen und mit 12 Jahren nach Deutschland gekommen, hat hier die Schule besucht und Abitur gemacht. In Saarbrücken studierte sie Interkulturelle Kommunikation, Spanisch und Jura. Daraus ist die Leidenschaft für interkulturelle Fragestellungen entstanden, sagt sie.
Aktuell schreibt sie an ihrer Dissertation und untersucht darin, welche Faktoren zu einer gelungenen Integration beitragen.
Hallo Vanessah, vielen Dank für deine Zeit. Ich starte direkt mit meiner ersten Frage: Was bedeutet „Diversität und Inklusion“ für ein Unternehmen und welche Vorteile bringt ein gelebtes D&I Management?
Das kommt auf die Unternehmenskultur an. Muss man gute Bewerber*innen heute noch mit Diversität anlocken oder ist das bereits zu einer Selbstverständlichkeit geworden? Oder ist Diversität vielleicht schon gar nicht mehr das Thema, sondern die Unternehmenskultur selbst, in der alle Mitarbeitenden aufgehen, ungeachtet ihrer Hintergründe etc.
Ich habe den Eindruck, dass in Deutschland diese Themen noch nicht so breit diskutiert wurden, wie beispielsweise in den USA oder anderen anglophonen Ländern. In Deutschland sollten sich Unternehmen also fragen, welche Rolle Diversität für die eigene Unternehmenskultur und das Selbstverständnis eines Unternehmens spielt. In global agierenden Unternehmen, in denen Kommunikation eine zentrale Rolle spielt beispielsweise, kann Diversität eine stärkere Bedeutung haben. Aber kein Unternehmen sollte „Diversity and Inclusion“ auf die Tagesordnung setzen müssen – zumindest nicht mehr als es die Gesetzgebung verlangt. Vielleicht ist es für Unternehmen interessanter sich zu fragen: wie kann Diversität zur Zielerreichung einer Organisation beitragen?
Du wirst mit uns über das Thema „Unconscious Bias“ – also unbewusste Voreingenommenheit – sprechen. Wie würdest du den Begriff definieren?
Der Begriff kommt ursprünglich aus der Psychologie. Ich schaue mir allerdings eher die kulturwissenschaftliche Komponente davon an und warum diese im interkulturellen Arbeitsumfeld so wichtig ist. Wir müssen sehen, dass Bias in der Regel auf Stereotypen und Vorurteilen basieren. Es ist also meistens eine unbewusste Haltung, die zu einer nicht bewussten Diskriminierung führen kann.
Schwierig wird es dann, wenn das „unbewusste“ ins „bewusste“ übergeht. Also in eine extreme Haltung, wie zum Beispiel Rassismus. Man muss diese Begrifflichkeiten klar unterscheiden.
Wann ist es wichtig für Unternehmen sich mit diesem Thema auseinander zu setzen?
Entscheidend wird es dann, wenn globale Unternehmen, wie etwa Google darauf bedacht sind, die Exzellenz an Mitarbeiter*innen zu sich zu holen. Dann muss man eben sehen, dass diese Exzellenz nicht „nur“ weiß, männlich und 50 Jahre alt ist, sondern eben sehr divers. Und um aus diesem Kontext auch akquirieren zu können, müssen sie natürlich auch das entsprechende Arbeitsumfeld schaffen. Das Befassen mit dem Thema ist dann im Interesse der Unternehmen, die auch gute Mitarbeiter*innen aus anderen Kontexten einstellen wollen.
Der Schlüssel hierzu ist die Reflexion über die eigene unbewusste Voreingenommenheit - sowohl der Organisation als auch der einzelnen Mitarbeiter*innen. Man sollte also ein Bewusstsein dafür schaffen.
Hast du praktische Tipps zum Umgang mit Unconscious Bias?
Die Forschung schlägt teilweise sehr technisierte Standards vor. Tools wie interkulturelle Trainings oder Workshops können interessant sein. Diese typischen Trainings sind aber auch in die Kritik geraten, weil man befürchtet, dass in diesem Rahmen Stereotype reproduziert werden. Aber als Einstieg sind solche Trainings sicherlich gut, um Awareness, also Bewusstsein und Aufmerksamkeit für das Thema zu schaffen.
Es gibt aber auch speziellere Unconscious Bias-Trainings, die aus der Psychologie kommen und daher empirisch gehandhabt sind. Nur sollte man dann auch die Instrumente haben, diese empirischen Ergebnisse verstehen und in konkrete Handlungen umwandeln zu können.
Und dann gibt es zum Beispiel noch den Harvard Implicit Association Test. Dieser Test misst sozusagen, wie unbewusst voreingenommen Individuen sind.
Ich persönlich finde, man sollte im Unternehmen die Kommunikation zu dem Thema stärken und eine gemeinsame Kultur mit den Mitarbeiter*innen schaffen, in der auch „Safe Spaces“ etabliert sind, in denen zum einen die Opfer von Diskriminierung eine Anlaufstelle haben, aber eben auch andere Mitarbeiter*innen ihre Unsicherheiten ausdrücken können.
Was können Führungskräfte deiner Meinung nach konkret tun, um in ihren Teams Bias zu minimieren?
Partizipation und Kommunikation. Die internen Prozesse nochmal beleuchten und analysieren und dabei die betroffenen „minority groups“ miteinbeziehen.
Cultural Diversity: Arbeiten in einem interkulturellen Unternehmen
Wir besuchen unsere Büros in London und Singapur. Dort arbeiten 13 unterschiedliche Nationen in kulturell diversen Teams zusammen.
Ein Plädoyer für diverse Lerninhalte
Diversität wird in unserer Arbeitswelt immer wichtiger. E-Learning Content Projektmanager Kenny fordert: „Wenn man Vielfalt möchte, sollte man dies auch in seinen Lerninhalten widerspiegeln.“
Kontakt
Ich bin seit 2021 Teil des imc Newsroom Teams. Als Journalistin schlägt mein Herz für Content und Storytelling.
Ich finde es spannend zu beobachten, wie sich E-Learning und Digitalisierung auf die Arbeitswelt auswirken. Mein Ziel ist es keinen Trend zu verpassen und Inhalte zu kreieren, über die man spricht.
Privat liebe ich es zu reisen und Tapas zu essen.
Themen: E-Learning Trends, Corporate Social Responsibility, Press and Influencer Relations