Warum Organisationen sich jetzt mit psychologischer Sicherheit befassen sollten
Psychologische Sicherheit, das klingt nach einem fluffigen Wohlfühlthema: Alle Mitarbeitenden sollen sich sicher fühlen. Tatsächlich geht es aber um mehr. Psychologische Sicherheit ist eine Grundvoraussetzung, wenn Organisationen sich positiv weiterentwickeln wollen.
Am 16. und 17. Mai war es mal wieder so weit: Zeit, den Koffer zu packen und zu SAP nach Walldorf zu fahren, wo das Corporate Learning Camp stattfand. Eine Woche zuvor hatte ich noch gegrübelt, ob ich nicht wieder eine Session bei dem Barcamp anbieten soll, mir wollte aber kein Thema einfallen, bis ich auf LinkedIn über einen Post zum Thema „Psychological Safety“ und deren Bedeutung in lernenden Organisationen gestolpert bin. Da ich für Kultur, Psychologie und lebenslanges Lernen brenne, lies mich das Thema nicht mehr los.
Was sind lernende Organisationen?
In einer lernenden Organisation streben alle Mitarbeitenden danach, ihr Wissen zu erweitern, um mit sich verändernden Umständen mitzuhalten. So können Unternehmen zum Beispiel auf neue Marktverhältnisse reagieren und sich neue Technologien und neues Know-How zunutze machen. Kurz gesagt: Lernende Organisationen streben danach, sich weiterzuentwickeln.
Was hat das mit „Psychological Safety“ zu tun?
„Psychological Safety“ – oder psychologische Sicherheit – liest sich erst einmal gut: Alle sind lieb zueinander, jeder fühlt sich am Arbeitsplatz so richtig geborgen. Aber darum geht es gar nicht. Oder zumindest nicht so ganz. Psychologische Sicherheit bedeutet, dass sich Mitarbeitende sicher genug fühlen, um schwierige Themen anzusprechen, ehrliche Fragen zu stellen, um Hilfe zu bitten, Fehler einzugestehen, ihre ehrliche Meinung zu äußern und den Status Quo infrage zu stellen. Ein absolutes Muss für lernende Organisationen, denn ohne all das ist Weiterentwicklung nicht möglich.
(Selbst-)Erkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung
Wenn wir nicht über Fehler sprechen, keine Fragen stellen und keine Verbesserungsvorschläge machen oder annehmen, können wir uns nicht weiterentwickeln. Weder als Person noch als Team oder als Unternehmen. Und nicht nur das: Wir laufen Gefahr, schwerwiegende Fehler zu machen. Einfach nur, weil wir uns nicht getraut haben, um Rat zu fragen oder weil unsere Mitarbeitenden sich nicht getraut haben, ihre Bedenken zu äußern. Je nach Beruf kann das teuer oder schlimmstenfalls sogar gefährlich sein.
Psychologische Sicherheit bedeutet also nicht nur, dass wir unsere Meinungen, Zweifel und Fragen ehrlich äußern, sondern auch, dass wir Feedback hören und annehmen müssen. Wir sind also auch gefordert, unser Ego zu überwinden, offen nach Feedback zu fragen und zu reflektieren. Wir müssen auch die zu Wort kommen lassen, die sich oft zurückhalten und auch schmerzhafte Kritik annehmen. Wir befinden uns also eben nicht mehr in der bekannten wohligen Komfortzone, sondern in der Lernzone, wie die amerikanische Professorin Amy Edmondson in einem Schaubild verdeutlicht. Sie gilt als Expertin für das Thema und weist darauf hin, dass die Kombination aus psychologischer Sicherheit und hohen Standards uns in die Lernzone führt. Wir müssen also auch gefordert werden, um zu wachsen: Ohne Herausforderungen können wir auch nicht lernen, diese zu meistern.
Wie erreichen wir psychologische Sicherheit?
Psychologische Sicherheit ist kein punktuelles Ziel, sondern ein dauerhafter Zustand, der gepflegt werden muss. Dafür braucht es alle Mitarbeitenden. Führungskräfte haben die Gelegenheit, mit gutem Beispiel voranzugehen, indem sie zum Beispiel um Feedback bitten und sich dafür bedanken oder offen über Unsicherheiten reden. Die neue Teamleitung steht zum ersten Mal vor der Herausforderung, OKRs zu definieren? Eine gute Gelegenheit, um die Mitarbeitenden zu fragen, ob sie mit ihren OKRs arbeiten können oder Probleme damit haben.
Als Team kann psychologische Sicherheit zum Beispiel dadurch gestärkt werden, dass auch zurückhaltende Kolleg*innen nach ihrer Meinung gefragt werden. Stellt jemand den Status Quo infrage und macht Verbesserungsvorschläge, sollten diese Vorschläge selbstkritisch reflektiert werden, anstatt die Person als Nörgler abzustempeln. Psychologische Sicherheit ist eine Frage der Team- und Unternehmenskultur und muss daher von allen Ebenen getragen und im Arbeitsalltag gelebt werden.
Psychologische Sicherheit - das Thema trifft einen Nerv
Ich war mir nicht sicher, ob dieses Thema die anderen Teilgebenden des Barcamps überhaupt interessieren würde, aber gab mir einen Ruck und versuchte es einfach. Wider Erwarten waren die Beteiligung und der Diskussionsbedarf so hoch, dass wir spontan noch eine zweite Session am Nachmittag für eine Fortsetzung einplanten. Ich hatte offenbar einen Nerv getroffen. Klar: Jeder, der ein paar Jahre Berufserfahrung mit Praktika und Jobs in verschiedenen Unternehmen auf dem Buckel hat, hat schonmal erlebt, welchen Unterschied psychologische Sicherheit im Unternehmen macht.
Ohne diese Sicherheit versuchen wir nur, Fehler zu vermeiden, keine Fragen zu stellen und nicht unangenehm aufzufallen. Wenn wir aber die Lernzone erreichen, wachsen alle über sich hinaus. Wenn wir das erreichen wollen, sind wir alle gefordert. Jeder einzelne Mitarbeitende trägt dazu bei, darüber waren sich alle einig, die in der Session mitdiskutiert haben. Für manche Unternehmen braucht es einen Kulturwandel, um psychologische Sicherheit herzustellen.
Ein Wohlfühlthema? Eher nicht. Wenn sich Unternehmen weiterentwickeln wollen, können sie es sich kaum leisten, sich mit diesem Thema nicht auseinander zu setzen.
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